Während viele Unternehmen bei Innovationen vor allem an neue Produkte denken, liegt die wahre Disruption oft auf einer viel tiefer liegenden Ebene – dem Geschäftsmodell selbst. In einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt gewinnt die Fähigkeit, Geschäftsmodelle völlig neu zu denken, an strategischer Bedeutung. Business Model Innovation ist dabei nicht einfach ein weiteres Optimierungswerkzeug – sie ist eine der kraftvollsten Hebel für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg.
Was ist ein Geschäftsmodell überhaupt?
Ein Geschäftsmodell beschreibt die logische Funktionsweise eines Unternehmens. Es definiert, welchen Nutzen ein Unternehmen stiftet, wie dieser Nutzen erbracht wird und wie daraus ein profitables Ertragsmodell entsteht. Erfolgreiche Unternehmen denken dabei nicht in Produkten oder Dienstleistungen, sondern in ganzheitlichen Wertversprechen. Sie entwickeln eine Architektur der Wertschöpfung, die von der Kundenbeziehung bis zur Ertragsmechanik reicht.
Im digitalen Zeitalter verschiebt sich der Fokus weg von der reinen Produktverbesserung hin zur radikalen Neugestaltung der Wertschöpfungslogik. Digitale Technologien eröffnen neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel Mass Customization, intelligente Plattformmodelle oder datenbasierte Services. Diese ermöglichen es Unternehmen, Kostenführerschaft und Nutzenführerschaft gleichzeitig zu realisieren – ein Ziel, das früher als nahezu unerreichbar galt.
Drei zentrale Elemente der Business Model Innovation
1. Nutzenversprechen (Value Proposition)
Im Mittelpunkt steht die Frage: Welches Problem wird gelöst? Welchen Mehrwert schaffen wir für unsere Kunden? Erfolgreiche Geschäftsmodelle denken vom Kunden aus, nicht vom Produkt. Dabei zählen heute nicht nur funktionale oder preisliche Vorteile. Auch emotionale, soziale und ökologische Aspekte gewinnen an Bedeutung. Unternehmen, die es schaffen, Sinn und Nutzen zu vereinen, bauen starke Kundenbeziehungen auf – weit über den reinen Verkauf hinaus.
2. Architektur der Leistungserstellung
Die nächste Frage lautet: Wie erbringen wir diesen Nutzen? Digitale Technologien ermöglichen völlig neue Wege der Leistungserstellung. Plattformen wie Airbnb oder Uber zeigen, wie bestehende Ressourcen neu orchestriert werden können. Künstliche Intelligenz, Robotik, additive Fertigung oder Blockchain erweitern die Optionen für Wertschöpfung erheblich. Wer diese Technologien klug integriert, schafft Systeme, die flexibler, skalierbarer und kundenzentrierter sind als traditionelle Geschäftsmodelle.
3. Ertragsmechanik (Value Capture)
Schließlich stellt sich die Frage: Wie verdienen wir daran? Neben klassischen Verkaufsmodellen gewinnen alternative Ertragslogiken an Bedeutung. Beispiele sind Abonnements (z. B. Netflix), Pay-per-Use (z. B. Carsharing), Freemium-Modelle (z. B. Spotify) oder Revenue Sharing in Plattformökosystemen. Dank digitaler Möglichkeiten können Unternehmen Erträge dynamisch, datenbasiert und passgenau am Kundenverhalten ausrichten.
Erfolgsbeispiele und bekannte Muster
Studien zeigen: Über 90 % der erfolgreichen Geschäftsmodellinnovationen basieren nicht auf komplett neuen Ideen, sondern auf der intelligenten Adaption bestehender Muster. Diese Muster sind in vielen Branchen bereits erprobt und können auf andere Kontexte übertragen werden. Bekannte Beispiele sind:
- Subscription (Netflix, Spotify)
- Razor-and-Blade (Nespresso, Drucker und Patronen)
- Hidden Revenue (Google, Facebook – kostenlose Nutzung, Finanzierung über Werbung)
- Two-Sided Market (Airbnb, Uber – Plattformen mit Anbietern und Nutzern)
- Mass Customization (z. B. Adidas Speedfactory, obwohl dieses Projekt eingestellt wurde, bleibt das Prinzip relevant)
- Crowdsourcing (Threadless, Open-Source-Projekte)
Diese Muster bieten Orientierung, sollten jedoch nie blind kopiert werden. Der Erfolg liegt in der kreativen Kombination und Anpassung an den eigenen Markt und die eigenen Stärken.
Branchenlogik hinterfragen – Disruption gestalten
Business Model Innovation beginnt dort, wo Unternehmen bewusst die bestehende Branchenlogik hinterfragen. Statt nur auf Wettbewerber zu reagieren, gestalten erfolgreiche Innovatoren die Spielregeln aktiv neu. Sie richten ihren Blick auf bisher vernachlässigte Kundengruppen – sogenannte Nicht-Kunden oder Low-End-Kunden. So entstehen neue Märkte, die sich dem harten Verdrängungswettbewerb entziehen – sogenannte Blue Oceans.
Die größten Risiken für etablierte Anbieter sind dabei nicht neue Technologien allein, sondern neue Denkweisen. Vier zentrale Phänomene bedrohen klassische Geschäftsmodelle:
- Substitution – wenn neue Lösungen alte Angebote überflüssig machen.
- Disruption – wenn neue Marktteilnehmer ganze Branchen umkrempeln.
- Disintermediation – wenn Zwischenhändler durch direkte Plattformmodelle ersetzt werden.
- Größenregression – wenn kleinere, agile Anbieter schneller und besser auf Kundenbedürfnisse reagieren.
Diese Risiken sind gleichzeitig enorme Chancen für Unternehmen, die bereit sind, ihre Denkweise zu hinterfragen und neu zu gestalten.
Geschäftsmodellinnovation ist ein Kulturthema
Der Wandel des Geschäftsmodells ist kein technisches Projekt, sondern ein kultureller Transformationsprozess. Er berührt die Identität des Unternehmens und fordert etablierte Strukturen heraus. Das erzeugt Unsicherheit und Widerstände – verständlich, aber gefährlich, wenn sie den Wandel blockieren.
Hier kommt Agilität ins Spiel: Erfolgreiche Geschäftsmodellinnovationen gelingen dort, wo Betroffene zu Beteiligten werden. Wo Verantwortung geteilt, Kreativität gefördert und Sinn vermittelt wird. Agile Prinzipien wie Partizipation, Offenheit und iteratives Lernen bieten dabei wertvolle Orientierung.
Fazit: Mut zur Erneuerung lohnt sich
Die Innovation von Geschäftsmodellen ist die Königsdisziplin des digitalen Wandels. Sie ist risikoreich – aber das größere Risiko liegt darin, am Alten festzuhalten. Wer heute sein Geschäftsmodell nicht regelmäßig hinterfragt, läuft Gefahr, von dynamischeren Marktteilnehmern überholt zu werden. Gleichzeitig bieten sich enorme Chancen:
- Mehr Kundennutzen
- Höhere Rentabilität
- Nachhaltige Wettbewerbsvorteile
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